Die Chinesische Mauer - Ein Ausflug mit Hindernissen

Die Chinesische Mauer, eines der faszinierendsten Bauwerke der Menschheit und wir waren nur noch zwei Busfahrten entfernt... Doch unser erstes Problem ergab sich schon bevor wir los fuhren: wir brauchten einen funktionierenden Geldautomaten. Chinesische Geldautomaten sind etwas launisch, nur weil Visa drauf steht, heißt es noch lange nicht, dass man auch mit einer Visa Karte an Geld kommt. Nach ungefähr fünf Geldautomaten und fast einer Stunde waren wir im Besitz von neuem Bargeld. (ICBC ist dann doch zuverlässig...) Den Bus nach Miyun zu finden, war dagegen fast ein Kinderspiel. Dort stiegen wir dann an dem Busparkplatz aus, dessen Umgebung nicht sehr vertrauenswürdig schien und wurden sofort von einem sehr aufdringlichen Taxifahrer belagert, der uns nach Gubeikou fahren wollten, natürlich zu einem lächerlich hohem Preis. Wir lehnten ab, doch er folgte uns bis zur Bushaltestelle und sagte immer wieder, dass kein Bus mehr fuhr. Nachdem wir überprüft hatten, dass wir an der richtigen Haltestelle waren (es dauerte ungefähr 10 Minuten das Schriftzeichen für Gubeikou (古北口) auf dem Plan zu entdecken), hieß es warten, obwohl wir uns selbst nicht sicher waren, ob wir nicht doch den letzten Bus verpasst hatten. Der noch immer wartende Taxifahrer machte uns langsam nervös, aber der herbeigesehnte Bus nahm uns fünf Minuten später mit und wir winkten dem Fahrer zum Abschied fröhlich zu.

Kleine Vorschau
Kleine Vorschau

Wachhunde, Wachgänse und ein Wachturm

Wie im Reiseführer beschrieben stiegen wir vor einem Tunnel aus und standen am Eingang eines verlassenen Touristendorfs. Mittlerweile war es fast 17 Uhr und stockdunkel, da China es praktisch findet nur aus einer Zeitzone zu bestehen. Immerhin mussten wir ausnahmsweise keinen Eintritt zahlen, da keiner da war, um zu kassieren. Aber auch sonst schien alles wie ausgestorben. So ergab sich Problem Nummer zwei: eine Unterkunft finden. Wir liefen die Straße bis zum Ende der kleinen Ortschaft, alles sah verlassen und dunkel aus. Etwas unschlüssig was wir nun tun sollten, drehten wir um. Ich muss sagen, ich war wirklich froh mit Arthur und Kirstie unterwegs zu sein, allein wäre das ziemlich unheimlich gewesen. Auf dem Rückweg sahen wir etwas Licht durch den Spalt einer Tür und beschlossen dort zu klopfen. Etwas verschüchtert traten wir ein. Tatsächlich waren wir in einem kleinem Gasthaus gelandet, wie wir das von außen hätten erkennen können, ist mir immer noch schleierhaft. Auf jeden Fall bekamen wir ein Zimmer, warmes Essen und Bier (!) zu einem guten Preis. 

Frisch gestärkt und mit einem Bett für die Nacht konnten wir uns wieder ganz auf die Chinesische Mauer konzentrieren. Unseren ursprünglichen Plan auf ihr zu zelten, hatten wir aufgrund des kalten Wetters (es lag schon Schnee!) und fehlender Ausrüstung (Schlafsack, der warm genug ist) verworfen. Stattdessen wollten wir zumindest eine kleine Nachtwanderung unternehmen, zum Glück war es ja schon seit 17:00 Uhr dunkel und dick eingepackt machten wir uns auf den Weg.

Dick eingepackt ging es los!
Dick eingepackt ging es los!

Eigentlich wollten wir nur "schnell" hoch auf die Mauer und laut Lonely Planet sollte der Weg dorthin auch nicht weit sein, aber in der Dunkelheit konnten wir uns keinen Reim auf die Wegbeschreibung machen und folgten den Schildern. Die führten uns zu einem anderen Aufgang zur Mauer, der viel weiter entfernt war, als wir dachten. Da es uns an Alternativen mangelte, folgten wir weiter dem etwas dunklem und schlecht beleuchtetem Weg. An einer Weggabelung wurden wir von lautem Geschnatter empfangen, die Gänse auf einem kleinem Hof an der Straße machten einen wahnsinnigen Radau und bald stimmten auch sämtliche Hunde in der Nähe mit ein. Nachdem die gesamte Nachbarschaft über unsere Ankunft informiert war, passierten wir den offiziellen Eingang zur Mauer. Da trotz allem alles ruhig und dunkel war, schlichen wir uns leise vorbei, denn wir wollten nicht auf den letzten Metern zurück geschickt werden, oder noch schlimmer Eintritt zahlen...

Mit Hilfe des Mondlichts machten wir uns an den kurzen und steilen Aufstieg zu einem der Wachtürme. Dann waren wir oben auf der Chinesischen Mauer! Allein! Mitten in der Nacht! Über meinem Gesicht breitete sich ein riesiges Grinsen aus, ich konnte einfach nicht fassen, wo ich mich gerade befand...

Den Erfolg unserer Nacht und Nebel Aktion feierten wir mit etwas Pflaumenlikör auf dem Dach des Wachturms. (Über eine halb eingestürzte Treppe konnte man dort hinauf klettern.) Da es nicht so kalt war wie erwartet, - wir hatten uns relativ schnell von einigen Schichten verabschiedet - bedauerten wir doch ein wenig, die Idee vom Zelten verworfen zu haben. Immerhin konnten wir so ohne zu frieren den Sternenhimmel und die Mauer bewundern (und verschwommene Fotos machen). Es dauerte einige Zeit bis wir uns von diesem besonderem Ort verabschieden und uns auf den Weg zurück ins Gasthaus machen konnten. Am nächsten Morgen wollten wir schon wieder bei Sonnenaufgang auf der Großen Mauer sein und diesmal an der richtigen Stelle, um unsere Wanderung zu beginnen.

Geschichte mit einem Hauch von Moderne

Nach einer Nacht ohne Heizung, die vermutlich genauso kalt war, wie es im Zelt gewesen wäre, machten wir uns noch im Dunkeln auf den Weg. Diesmal gingen wir in die andere Richtung und nach ein paar Minuten entdeckten wir das Tor, an dem unsere Wanderung beginnen sollte. Pünktlich zum Sonnenaufgang hatten wir den Aufstieg gemeistert und bekamen einen ersten Eindruck von der unfassbaren Größe dieses Bauwerks. (Im Dunkeln war diese nicht ganz so gut zu sehen gewesen.) Die Mauer erstreckte sich bis zum Horizont, mit den Augen konnte man sie bis in weite Ferne verfolgen, mit den mal mehr mal weniger verfallenen Wachtürmen in regelmäßigen Abständen. Insgesamt über 21.000 km umfasst die gesamte Länge dieses über die Jahrhunderte erbauten und immer wieder umgebauten Verteidigungsbollwerks. Zuerst mussten wir einen unrestaurierten Abschnitt der Mauer bewältigen, den ich ehrlich gesagt interessanter und authentischer fand. Während der gesamten Zeit trafen und hörten wir keinen anderen Menschen - ziemlich selten für China - und genossen es, alles einmal nur für uns zu haben.

Als wir zu dem Wachturm kamen, zu dem uns unser nächtlicher Spaziergang geführt hatte, gingen wir nicht wieder zurück zum Dorf, sondern folgten der Mauer weiter Richtung Osten. Um ein militärisches Sperrgebiet zu umgehen, liefen wir einige Zeit etwas abseits der Mauer und erreichten dann den restaurierten Teil. Die Chinesen verstehen es ihre uralten Bauwerke wieder aufzubauen und ihnen den Glanz der Moderne zu verpassen. Trotzdem war das Erlebnis nicht weniger eindrucksvoll, wenn auch vielleicht nicht ganz so spannend. Auch hier gab es zahlreiche Stufen, die dem Auf und Ab der Mauer folgten. Plötzlich hörten und sahen wir das erste Mal andere Besucher und waren froh, dass uns das vorher erspart geblieben war. Aus unerfindlichen Gründen hatten sie das starke Bedürfnis alle paar Minuten zu schreien; keine Worte, sondern einfach nur ein lautes "Wuuhuuuuu!". Dieses Verhalten sollte noch öfter für ein Stirnrunzeln bei uns sorgen.

Unser Ausflug in eine vergangene Zeit, in der die ständige Angst vor einem Überfall der Mongolen dieses faszinierende Monument inspirierte, endete am "East Tower". Unsere Beine waren von acht Stunden wandern und dem ewigen Stufen klettern ziemlich müde, dementsprechend freuten wir uns auf eine entspannte Busfahrt. Aber vorher wurden wir am Turm noch penetrant von einem Verkäufer darauf hingewiesen, wie wohltuend jetzt eines seiner überteuerten Heißgetränk wäre und so war unser letzter Blick auf die Chinesische Mauer nicht ganz so ungestört, wie ich mir vielleicht gewünscht hatte...

Der Abschied fiel schwer...
Der Abschied fiel schwer...

Wir liefen hinab ins Tal zu der Raststätte, an der wir den Bus nehmen wollten. Damit kämen wir zu Problem Nummer drei: zurück nach Beijing kommen. Der Bus war immer voll, es sei denn man reserviert telefonisch Plätze. Aufgrund mangelnder Information -  zum Beispiel einer Telefonnummer - und mangelnder Chinesisch Kenntnisse, um der Person am anderen Ende der Leitung zu vermitteln, was wir möchten, war es ein eher schwierigeres Unterfangen. Zum Glück half uns eine Touristin aus, die Englisch und Chinesisch sprach (!) und tätigte den Anruf für uns. Sehr müde kamen wir im Hostel in Beijing an, um unsere Sachen zu holen und uns mit Johann, dem Schweden, zu treffen, der mit uns den Zug nach X'ian nehmen wollte. Auf dem Weg zum Bahnhof ergab sich leider noch ein weiteres Problem...

Wenn ihr wissen wollt, wo ich mich zur Zeit aufhalte...

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Jochen (Samstag, 25 Juni 2016 19:55)

    Sau gut! Sicher ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.
    Viel Spaß noch
    Jochen